Aachener Nachrichten - 08.03.2007
„Die Familienfeuerwehr fanden alle ganz prima"
Die Herzogenrather Gleichstellungsbeauftragte Birgit Kuballa äußert sich im Interview zum Internationalen Frauentag, der heute begangen wird, und zum Frauenkommunikationszentrum, das samt Bahnhof am Samstag eröffnet wird. Herzogenrath. Dass die Daten so eng beieinander liegen, ist eher Zufall. Ein glücklicher Zufall. Heute wird nämlich der Internationale Frauentag begangen, und am Samstag wird das Frauenzentrum im Herzogenrather Bahnhof eröffnet. Frisch renoviert und umgestaltet beherbergt der „neue" alte Bahnhof auch andere Nutzer. Über den Frauentag und über das Entstehen des Frauenzentrums sprach „Nachrichten"-Redakteur Michael Giesen mit der Herzogenrather Gleichstellungsbeauftragten Birgit Kuballa: Frau Kuballa, hat sich die Bedeutung des Internationalen Frauentages im Laufe der zehn Jahre, in denen Sie jetzt Gleichstellungsbeauftragte in der Stadt Herzogenrath sind, für Sie geändert? Birgit Kuballa: Am Anfang hatte ich das Gefühl: Der Frauentag muss sehr politisch sein. Da muss für die Frauen richtig was nach vorn gebracht werden. Dann kamen aber auch Rückmeldungen von Frauen aus dem Frauenbündnis, die den Tag einfach nur feiern wollten. Und nicht auch noch bei der Vorbereitung des Tages arbeiten zu müssen! Inzwischen schwanke ich hin und her. Ich halte es schon für gut, für die Frauen einen schönen Rahmen zu finden, damit sie feiern können. So kommen auch solche, die nicht kämen, wenn der Ansatz rein politisch wäre. Sie wollen einmal im Jahr zusammen mit anderen Frauen eine Auszeit von Familie, vom Beruf, kurz: vom Alltag nehmen. Aber: Das Politische ist noch präsent! Kuballa: Ja, finde ich! Ich bin ja nicht Kulturbeauftragte. Ich habe schon den Auftrag, Dinge für Frauen zu verbessern, Rahmenbedingungen ändern zu helfen. Und: ein Bewusstsein schaffen dafür. Immerhin gibt es Frauen mittlerweile an Schaltstellen. Wir haben sogar eine Bundeskanzlerin. Kuballa: Wunderbar! Aber wir haben das Jahr 2007. Und es liegen immer noch ungelöste Themen auf dem Tisch! Zum Beispiel das Thema „Frau und Beruf". Das war schon 1997, vor zehn Jahren, aktuell. Denken wir doch an die Betreuungssituation - die muss erheblich verbessert werden. Nichtsdestotrotz fehlt es immer noch an Betreuungsplätzen. Zwei Prozent der Männer nehmen die Elternzeit in Anspruch, entsprechend 98 Prozent der Frauen. Damit diese zwei Prozent mehr werden - was müsste sich dann verändern? Kuballa: Das Bewusstsein muss sich ändern. Oft ist es ja das Argument von den Männern, dass sie der Karriere wegen nicht können. Das gilt aber auch für die Frauen. Und die machen es dennoch - und haben dann den Karriereknick. Die ersten Ideen für ein Frauenzentrum in Herzogenrath sind im Jahre 1999 aufgekommen. Konzipiert als „Bürgerinnenforum" der Lokalen Agenda. Kuballa: Der Titel hieß „Frauen planen eine Stadt zum Leben". Seitdem sind sieben, nahezu acht Jahre ins Land gegangen. Was ist anders heute? Kuballa: Eine der Ursprungsideen war, einen Treffpunkt für Frauen, ein Frauencafé, ins Leben zu rufen. Denn: In die normale Kneipe wollen sie nicht gehen. Das ist eine Männerdomäne. Mit den Kirchen oder mit den Vereinen haben manche Frauen nichts am Hut, so dass die Pfarren wie auch Vereinsheime, die bisweilen solche Angebote haben, auch ausscheiden. Kurzum: Einen neutralen Ort gibt es in Herzogenrath nicht. Geblieben ist aus der Diskussion von damals: Wir brauchen einen Ort fürs weibliche Geschlecht. Aber kein Café. Andererseits muss es etwas Öffentliches sein. Immer noch ein Ort der Begegnung. Aber auch mit Inhalt. Mit Service. Wo es um die Frau geht, die Geld verdienen möchte. Wo es um Dinge geht wie Familienfeuerwehr, Seminare, politische Bildung und berufliche Qualifizierung. Am Anfang gab es noch zahlreiche Ressentiments gegenüber der Idee eines Frauencafés, eines Frauenzentrums. Hat sich in puncto Akzeptanz etwas geändert? Kuballa: Was die Politik in den ersten Jahren für das Projekt eingenommen hat, war die Aussicht, dass dadurch Leben in den ziemlich toten Bahnhof kommen würde. Und Belebung dieses städtischen Raumes war das Ziel aller. Das Thema „Frauenzentrum" ist dann insbesondere von den Grünen sehr gepusht worden. Auch von den anderen Parteien kam Unterstützung, die vor allem den Punkt „Familienfeuerwehr" prima fanden. Ein Frauenzentrum unabhängig vom Bahnhof zu gründen, das hätte, glaube ich, nicht funktioniert. Zunächst haben wir an einen kleinen Raum gedacht. Es sind jetzt 200 Quadratmeter daraus geworden. Das finde ich schon klasse. Und Wirkung hat vor allem gezeigt: Dass die Akteurinnen so engagiert am Thema drangeblieben sind. Keine Idee von so ein paar spinnerten Frauen. . . Mehr zur Bahnhofseröffnung: Seite 18