Aachener Nachrichten - 12.03.2007
Achtjährige Berg- und Talfahrt beendet
Christoph Hahn
Herzogenrath. Angekommen sind Hunderte von Menschen, die täglich in Herzogenrath aus dem Zug steigen. Angekommen sind hier jetzt auch Kunst und Kultur. Denn der Kulturbahnhof Herzogenrath, unter dessen Dach sich ein Frauen-Kommunikationszentrum, ein Bistro und die Schauräume des Forums für Kunst und Kultur finden, ist endlich Wirklichkeit. Mit einem Festakt für geladene Gäste im Beisein von NRW-Verkehrs- und -Bauminister Oliver Wittke (CDU) und einem anschließenden Tag der offenen Tür wurde das historische Gebäude seiner Bestimmung übergeben, die eine neue ist und dennoch die Eisenbahn nicht verdrängt. Acht Jahre hat es von der ersten Projekt-Werkstatt bis zur Übergabe gedauert, bis der Wandel vom Bahnhof zum Kulturzentrum mit Gleisanschluss vollzogen worden sei, resümierte Bürgermeister Gerd Zimmermann. Sein Dank galt den vielen am Gelingen dieses ganz speziellen Strukturwandels Beteiligten, besonders der Gleichstellungsbeauftragten Birgit Kuballa, die dieses für die Stadt prestigeträchtige Projekt koordiniert hatte. Auch die Kosten für die Umwandlung des Gebäudes in ein multifunktionales Forum verschwieg der Rathaus-Chef nicht: Die 1400 Quadratmeter (816 Quadratmeter Nutzfläche) zu restaurieren, hat rund 1,8 Millionen Euro gekostet. Dazu leistete das Land Nordrhein-Westfalen den erklecklichen Beitrag von 1,4 Millionen Euro. Minister Oliver Wittke bekam natürlich den einen oder anderen Wunsch des Bürgermeisters mit auf den Weg. Zum Beispiel den, dass die Euregiobahn endlich zur Ringbahn werden und über den bisherigen Endpunkt Alsdorf-Annapark hinaus nach Stolberg fahren möge. Auch wurde Wittke Zeuge, wie ein Vertreter der Deutschen Bahn auf Gerd Zimmermanns Forderung, die Gleise 2 und 3 sollten durch geeignete Baumaßnahmen für Mütter mit Kinderwagen, Behinderte und Reisende mit Fahrrad erreichbar werden, in den Saal rief: „Wir fangen in vier Wochen an!" Überdies nannte der Bürgermeister den Bahn-Vertretern seinen Preis: „Für fünf Millionen können Sie den Bahnhof wieder haben", erklärte Rodas erster Bürger schmunzelnd. „Glücklich" Oliver Wittke zeigte sich seinen aufmerksamen Zuhörern aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung als „glücklicher Minister" - nicht zuletzt, weil es bei dem vollendeten Projekt gelungen sei, die neue Zweckbestimmung mit dem Denkmalschutz zu verbinden und dabei die Belange der Reisenden nicht aus den Augen zu lassen. Ausdrücklich kritisierte der Gast aus Düsseldorf, der vor seinem Wechsel in die Landesregierung als Oberbürgermeister seiner Heimatstadt Gelsenkirchen fungiert hatte, das Verhalten der Bahn: „Lange Jahre hatte die Bahn kein Konzept, wie sie mit ihren Empfangsgebäuden umgehen soll. So verschlechterte sich der Zustand von Gebäuden wie dem in Herzogenrath bei wachsendem Leerstand immer mehr. Durch gezielte Initiativen des Bundeslandes sei indes Abhilfe geschaffen worden. Wittkes Wunsch: „Dass die Bürgerinnen und Bürger das Gebäude rege in Anspruch nehmen und das Empfangsgebäude damit wieder zu dem machen, was es einmal war: die Visitenkarte der Stadt." Als hätten sie's gehört, nahmen die Bürger schon am ersten Tag das neue Kulturzentrum in Besitz. In Scharen drängten sie sich in Gängen und Sälen. Im Frauenkommunikationszentrum gab Künstlerin Dorothea Fehse am Marimbaphon Aufsehen erregende Proben ihres Könnens. Leben live herrschte im Bahnhof, das Verweilen im Café-Bistro „Zeitlos" inklusive.