Aachener Nachrichten - 26.03.2011
Weniger Lohn trotz besserer Abschlüsse
Weniger Lohn trotz besserer Abschlüsse Der „Equal Pay Day“ erinnert daran, dass Frauen am Ende des Monats weniger Geld in der Tasche habe als Männer Von Elisa Zander Herzogenrath. Man stelle sich vor: Beim Geldziehen am Automaten kommt statt des georderten Einhundert-Euro-Scheins nur eine grüne Banknote heraus, auf der als Wert eine 77 prangt. Betrogen, hintergangen – zumindest ungerecht behandelt wird man sich fühlen. Frauen kennen diese Situation anderweitig. Denn ihr Einkommen liegt im Durchschnitt 23 Prozent unter dem Erwerb der Männer in gleichen Berufen bei gleicher Qualifikation. Um auf diesen Missstand aufmerksam zu machen, hat der Verein „Business and Professional Women“ (BPW) vor vier Jahren den „Equal Pay Day“ (EPD) initiiert. Jedes Jahr findet er an einem anderen Tag statt, berechnet danach, wie lange eine Frau in Deutschland mehr arbeiten muss, um den gleichen Lohn zu erhalten wie ein Mann mit gleicher Qualifikation in der gleichen Position und den gleichen Aufgaben. Auch in Herzogenrath setzen sich die Gleichstellungsstelle der Stadt und die Frauen des Frauenkommunikationszentrums „FrauenKomm Gleis1“ sowie das Frauenbündnis für gerechte Gehälter ein. Irritierte Blicke In zerschnittenen Hemden und roten Schirmen in der Hand, verteilten die Frauen gestern Morgen am Herzogenrather Bahnhof viel Informationsmaterial und klärten die morgendlichen Zugfahrer über die Problematik auf. Frauen hörten interessiert zu, von den Männern ernteten sie manchmal irritierte Blicke. Dennoch konnten sie der Aktion durchaus viel Positives abgewinnen. „Frauen arbeiten in ihrem Beruf genauso wie ihre männlichen Kollegen, also müssen sie auch ebenso bezahlt werden“, meinte Herbert Waagen. Dieses Bewusstsein hinsichtlich der Pro­blematik in der Bevölkerung spürt auch Marlies Diepelt, 1. Vorstandssprecherin des FrauenKomm. „Und dennoch geht es immer wieder unter. Darum müssen wir immer wieder daran erinnern.“ Als Hauptursache für die unterschiedlichen Gehälter sehen die Initiatoren des EPD die gelebten Rollenstereotypen, wonach Männer als Hauptverdiener und Frauen lediglich als Hinzuverdienerinnen gesehen werden. Und das, obwohl Frauen seit Jahren die besseren Bildungsabschlüsse haben. Hinzu kommt, dass Frauen in Führungspositionen unterrepräsentiert sind. Und der weibliche Anteil steigt trotz des Bundesgleichstellungsgesetzes und weiterer Maßnahmen – wie etwa der Vereinbarung der Bundesregierung mit der Privatwirtschaft zur Chancengleichheit – nur langsam an, wie das nationale Aktionsbündnis zum EPD betont. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder hebt in einer Mitteilung hervor: „Gleiche Arbeit, gleicher Lohn – dieser Grundsatz muss für Frauen und Männer gelten, sowohl in der Stadt als auch auf dem Land.“ Dass dieses Ziel noch nicht erreicht ist, musste Johanna Schneider aus Würselen selbst erfahren. Die studierte Informatikerin war schon bei mehreren Firmen beschäftigt. „Wenn ich beim Arbeitgeber eine Gehaltserhöhung oder gar eine Angleichung an die Gehälter meiner männlichen Kollegen ansprach, gab es Ärger und am Ende stand eine Entlassung.“ Über solche Erfahrungen kann Maria Treutler vom Frauenbündnis Herzogenrath nur entsetzt den Kopf schütteln. Aber auch sie weiß: „Ich kann das in meinem Leben nicht mehr aufholen, was ich in den vielen Jahren Erwerbstätigkeit weniger verdient habe – nur aufgrund des Geschlechts.“